Orchesterausbildung für junge Streicher*innen auf höchstem Niveau

Ein neuer musik-pädagogischer Ansatz

vorgestellt von Prof. Annette Seyfried 

In Deutschland gibt es mit den Landesjugendorchestern und auch dem Bundesjugendorchester ein attraktives Angebot für große sinfonische Besetzung für junge talentierte Musiker:innen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren. Viele meiner jungen Schüler:innen nehmen hier mit großer Begeisterung teil und lernen sehr früh sinfonische Literatur kennen. Das begrüße ich sehr. 

Prof. Annette Seyfried, Leiterin der Jungen Streicherakademie Mainz 

Warum ein Kammerorchester für Streicher*innen? Was bewegt mich dazu?

Meine Erfahrung ist, dass die Jugendlichen zwar die großen sinfonischen Werke kennen und lieben lernen. Meist ist diese Literatur aber technisch so anspruchsvoll, dass man froh ist, wenn sie in erster Linie den Text bewältigen und durchkommen. Das Spannende in der Musik beginnt aber erst jetzt…  

Häufige höre ich von Streicher:innen aus den Jugendorchestern: 

  • Es ist egal was ich hier spiele, man hört nur das Blech. 
  • Das muss ich nicht üben, es merkt ja keiner. 
  • Ich kann nichts beitragen zur Gestaltung, ich gehe im Gesamtklang unter. 
  • Ich schwimme einfach mit. 

Mein Eindruck ist, die Musiker:innen machen hier häufig die Erfahrung, dass genaues Spielen, Gestalten, manchmal sogar auch richtige Töne gar nicht so wichtig sind.  

Das ist ein Trugschluss.  

Das Spiel in der Gruppe, in einem Tutti, ist eine eigene Disziplin und auch eine besondere Herausforderung, die erforscht und geübt werden will. Um später eine hohe Qualität in unseren Sinfonieorchestern zu haben, und auch zufriedene Musiker:innen, die aktiv gestalten können und wollen, fehlt ein ganzer Ausbildungszweig an dieser Stelle. 

 

Mein Wunsch ist hier Begeisterung für Qualität zu schaffen, die Liebe zum Detail auch in der Gruppe zu wecken. Wenn es dann wirklich gelingt, sind alle überwältigt von der Empfindung der gemeinsamen Gestaltung, des gemeinsamen Klangs. Das sind immer wieder berührende Momente. 

 

Wie kann ich denn gestalten und mit Qualität in der Gruppe spielen lernen?

In der kleinen Besetzung eines Streichorchesters ist jeder unmittelbar zu hören und verantwortlich für den Gesamtklang. Es gibt kein Verstecken. Ich bin gefordert aktiv gemeinsam einen Klang zu suchen und zu gestalten, zu phrasieren und mich stilistisch anzupassen. Ich muss kammermusikalisch spielen lernen, zuhören, reagieren. Dies ist ein wichtiger Lernprozess, der auch im großen sinfonischen Orchester wichtig, aber dort oft schwer zu erlernen ist. 

Was ist uns in der Orchesterausbildung für Jugendliche wichtig?

  • Aktives Spiel im Tutti – jeder ist verantwortlich für das Gesamtergebnis. 
  • Spieltechniken für ein Orchestertutti – was ist anders als im solistischen Spiel 
  • Stilsicherheit in den unterschiedlichen Epochen – wie unterscheiden sich Tonsprache undPhrasierungen in der Barockzeit, Klassik und Romantik, oder auch zeitgenössischer Musik. 

 

Wie wollen wir arbeiten?

  • Gemeinsam Musizieren auf Augenhöhe, statt ausschließlich zu instruieren. Ein Team von Profimusikern spielt ab dem ersten Tag der Probenphase bis einschließlich aller Konzerte mit. Vieles wird dadurch selbstredend.  
  • ·Kammermusikalisch musizieren in einem Orchestertutti durch neue Probenformate in kleinen Ensembles. Jeder lernt, sich in kleinen Gruppen einzubringen. Zunächst in Registern, aber auch in Kammermusikbesetzung (Streichquintetten). Zuhören und unmittelbares Reagieren ist gefordert. 
  • Spieltechniken für die unterschiedlichen Epochen erlernen. Wie mache ich das Bogentechnisch, welche Fingersätze sind gut und passend. Wie phrasiere ich in der Barockmusik, wie in der Klassik und der Romantik. Wodurch wird die Musik lebendig. Was bedeutet Sprache in der Musik.  

 

Für unsere Orchesterakademie 2023 haben wir ein besonderes Thema – Programm mitgebracht, dass insbesondere den letzten Punkt unserer Lernfelder, ein sehr zentrales Lernfeld aufgreift: Stilistik, Musiksprache in den unterschiedlichen Epochen 

Das Programm beleuchtet die Gattung Serenade im Spiegel unterschiedlichster stilistischer Ausprägung und thematisiert den Abend und die Nacht. Es sind Werke, die sowohl das Publikum als auch die Jugendlichen begeistern werden. 

A. Mozart Serenade G-Dur KV 525 „Eine kleine Nachtmusik“ (1787)

Britten Serenade für Tenor, Horn und Streicher op. 31 (1943)

Dvorak Serenade E-Dur für Streichorchester o p. 22 (1875)

Wir starten mit Mozarts kleiner Nachtmusik, ein echter Klassiker des Repertoires. In einer Interpretation im Geiste der „historisch informierten Aufführungspraxis“ wollen wir hier einige spannende Aspekte der Komposition neu beleuchten. Jeder Ton hat eine Form, eine Richtung, eine Funktion. Wie lese ich die Partitur, was fällt uns hierzu ein. Das wird eine spannende Reise für die jungen Musiker:innen, ein unmittelbares Erleben, dass Musik immer wieder neu im Moment entsteht und dadurch eine Lebendigkeit erfährt. 

Im Zentrum des Programms steht Benjamin Brittens Opus 31, ein „Liederzyklus“ auf Texte englischer Dichter verschiedener Jahrhunderte, die allesamt um das Thema Nacht kreisen mit ihren ruhigen, friedlichen, geheimnisvollen, aber auch bedrohlichen und düsteren Seiten. In den sechs Liedern tritt der Sänger in Dialog mit dem Horn, während das Streichorchester jeweils nicht nur eine stimmungsvolle Grundierung, sondern eine hochexpressive Deutung der Texte bietet. Hier wollen wir vermitteln, dass jeder den Inhalt, die Stimmung der Texte durchdringt und diese Emotion gemeinsam spüren lernt und im Tutti auf sein Instrument überträgt. 

Antonin Dvoraks Streicherserenade op. 22 ist der Höhepunkt des Konzertes, ein wunderbar klangseliges, äußerst wohltönendes Werk voller herrlichster böhmischer Melodien. In der Anlage der Form bezieht sich der Komponist explizit auf klassische Vorbilder, auf die Serenaden und Divertimenti eines Haydn oder Mozart.  

Trotzdem ist die Art der Klanggestaltung und Tongebung eine völlig andere als in der Klassik. Was hat sich über die Jahrhunderte verändert? Wie spiele ich hier? Was ist ein romantischer Klang, was macht ihn aus? Diese Fragen werden wir versuchen gemeinsam zu entwickeln und spieltechnisch umsetzten lernen. 

Wir freuen uns auf Sie, liebe Förderer und wir sind uns sicher, dass der Funke unserer Arbeit mit den jungen Musikern Sie berühren wird. Sie leisten mit Ihrer Unterstützung einen wertvollen Beitrag, um den jungen Talenten eine spannende Orchesterausbildung zu ermöglichen und den Spaß an Qualität zu erfahren. 

Dieses anspruchsvolle Projekt im Bereich der Förderung junger Streichinstrumentenmusiker*innen bietet Stiftungen die Gelegenheit, hochwertige Wirkung im musikalischen Bereich zu erzielen. Sprechen Sie uns für weitere Informationen gerne direkt an:     info@maezena.de